Frauennotrufe in Rheinland-Pfalz unterstützen die Forderungen zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
Seit 1992 macht der Europäische Tag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung alljährlich am 5. Mai aufmerksam auf die Situation und die Probleme Diskriminierung behinderter Menschen von Menschen mit Behinderung aufmerksam. Dieses Jahr heißt das Motto „Zukunft barrierefrei gestalten“.
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich – so sagt das unser Grundgesetz. Niemand darf aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden. In der Realität berichten Menschen mit Behinderung dagegen von vielfältigen Barrieren, die ihnen den Zugang zu Orten und Angeboten erschweren, insbesondere im Rechtssystem.
Im Art. 6 der UN-Behindertenrechtskonvention steht: „(1) Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt sind, und ergreifen in dieser Hinsicht Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll und gleichberechtigt genießen können.“
Dennoch sind behinderte Frauen zwei bis dreimal häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen als der weibliche Bevölkerungsdurchschnitt. Gleichzeitig werden im Falle einer Strafanzeige Ermittlungsverfahren überdurchschnittlich häufig eingestellt. Ein Grund dafür ist, dass Aussagen betroffener Frauen mit Behinderungen nicht angemessen gewürdigt werden .
Auch stellen die Beraterinnen der Fachstellen zum Thema Sexualisierte Gewalt immer wieder fest, dass die Glaubhaftigkeit bei der Polizei oder vor Gericht bei Betroffenen mit Behinderungen noch stärker angezweifelt wird, als bei Frauen ohne Behinderungen.
„Das ist struktureller Ableismus gegenüber behinderten Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben und eine Strafanzeige erstatten möchten,“ so Christina Rosner vom Frauennotruf Worms. „An vielen Stellen fehlt ein diskriminierungssensibler Umgang mit Betroffenen. Oft werden behinderte Frauen im Zuge eines Strafverfahrens als „nicht aussagefähig“ beurteilt.“
Hinzu kommt, dass behinderte Frauen in den meisten Fällen von ihren Tätern abhängig sind. Diese Ausgangssituation macht es fast unmöglich, aus der sexualisierten Gewaltsituation herauszukommen. „Menschen, die mit behinderten Menschen zusammenarbeiten oder generell zu tun haben, erhalten in unserer Gesellschaft automatisch einen besonderen Status und genau das gibt Tätern enorm viele Freiheiten. Denn niemand vermutet hinter der emphatischen Fachkraft in einer Einrichtung oder hinter dem fürsorglichen Vater einer behinderten Tochter, den Täter oder hinter dem fürsorglichen Vater einer behinderten Tochter. Solange diejenigen idealisiert werden, die mit uns behinderten Menschen zusammenarbeiten oder zu tun haben, werden wir behinderte Frauen weiterhin so stark von sexualisierter Gewalt betroffen sein“, Katja Alekseev vom Frauennotruf Koblenz.
Angesichts der hohen Gewaltbetroffenheit von Frauen* und Mädchen* mit Behinderung ist es notwendig, dass ein barrierefreier Zugang zu Unterstützungseinrichtungen und zum Rechtssystem ermöglicht wird. Die Frauennotrufe in Rheinland-Pfalz unterstützen daher die Forderung „Zukunft barrierefrei gestalten“ zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 05. Mai und machen gleichzeitig aufmerksam auf das Projekt „Suse. Im Recht“ ihres Bundesverbandes der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe - Frauen gegen Gewalt e.V. (bff). Das Projekt widmete sich drei Jahre verstärkt den Rechten von Frauen und Mädchen mit Behinderungen und Gewalterfahrungen. Ziel ist auch hier, den Zugang zum Recht für Frauen und Mädchen mit Behinderungen, die von Gewalt betroffen sind, zu verbessern oder gar erst zu ermöglichen. Das Projekt hat Informationsmaterial in leichter Sprache veröffentlicht, damit gewaltbetroffene Frauen und Mädchen mit Lernschwierigkeiten leichter Zugang zu Beratung und Unterstützung finden.
„Das reicht aber nicht. Wir fordern von der Politik Finanzierungsmöglichkeiten, um alle Frauennotrufe barrierefrei gestalten zu können. Damit wir behinderte Frauen unterstützen können, wie sie es brauchen!“, so die Frauennotrufmitarbeiterinnen.