Sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz als Schwerpunktthema
Die Koblenzer Fach- und Beratungsstelle für vergewaltigte Frauen* und Mädchen informiert in ihrem neu gestalteten Jahresbericht über ihre Tätigkeit im vergangenen Jahr. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Thema Sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz. Jede vierte Frau* in der Ausbildungs- und Arbeitswelt ist hiervon betroffen. „Viele Formen sexualisierter Belästigung sind so alltäglich, dass sie oft als „normal“ erscheinen. Entscheidend ist jedoch, dass sich die Betroffene* in dieser Situation unwohl, angegriffen und entwürdigt fühlt“, so Martina Steinseifer, Mitarbeiterin des Frauennotrufs Koblenz.
Dass Führungskräften in Unternehmen eine Schlüsselrolle in der Prävention und im adäquaten Umgang mit sexualisierter Belästigung am Arbeitsplatz zukommt, wissen sie und ihre Kolleginnen*: „Aus diesem Grund bieten wir Informationsveranstaltungen zum Thema und maßgeschneiderte Schulungsprogramme für Führungskräfte, Personalverantwortliche und Mitarbeitende an“, so Conny Zech, Referentin der landesweiten Arbeitsgruppe „it works! Wir unternehmen was. Gegen sexualisierte Belästigung in der Arbeitswelt“.
Fast 25% aller Beratungen im Frauennotruf Koblenz fanden aufgrund von sexualisierter Belästigung statt. 906 Beratungen mit 434 Personen führten die vier Mitarbeiterinnen* der Fachberatungsstelle in 2021 insgesamt durch. Dabei handelte es sich bei der Hälfte der beratenen Personen um von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen* und jugendliche Mädchen*, die zum Beispiel Vergewaltigung, sexualisierte digitale Gewalt oder sexualisierte Gewalt in Teenagerbeziehungen erlebt hatten. Zusätzlich unterstützten die Fachberaterinnen auch Bezugspersonen und Fachkräfte.
Dass die Finanzierung dieser wichtigen gesellschaftlichen Arbeit auch in 2021 nur äußerst knapp und ohne Planungssicherheit für 2022 gelang, bezeichnet Martina Steinseifer als Ausdruck defizitärer Politik „Einen Teil unserer Personal- und Sachkosten mussten wir auch im vergangenen Jahr aus Spenden und befristeten Projektgeldern finanzieren. Wie alle Fachberatungsstellen sind wir massiv unterfinanziert. Es braucht verlässliche und höhere Zuschüsse. Der Frauennotruf fordert deshalb von der Politik die konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention. Sie ist in Deutschland bereits vor drei Jahren in Kraft getreten.“ Nach wie vor fehlt eine ressortübergreifenden Gesamtstrategie, um das Recht aller Frauen* und Mädchen auf ein gewaltfreies Leben und ausreichend Unterstützung nach der Erfahrung sexualisierter Gewalt umzusetzen“, so das bittere Resümee der Mitarbeiterinnen* im Frauennotruf.
Jahresbericht in Leichter Sprache